Der Mann an Zendayas Seite

Nicht erst seit der Met Gala wird die Schauspielerin für ihre eindrucksvollen Looks gefeiert. Wer seit 13 Jahren für ihre Garderobe verantwortlich ist? Law Roach – ein Stylist, der sich selbst niemals einfach nur Stylist nennen würde.

Über Zendayas Auftritt wurde heute viel diskutiert. Law Roach tauchte ebenfalls auf einigen Fotos auf – und wechselte ebenfalls einnmal sein Outfit.

Foto: Getty Images

Wo war Tom Holland? Jedenfalls nicht mit seiner Freundin Zendaya auf dem roten beziehungsweise grünen Teppich der Met-Gala. Dafür stand ein anderer Mann am Montagabend neben der Schauspielerin: ihr Stylist Law Roach. Der Mann, der seit Jahren dafür sorgt, dass Zendaya als eine der am besten angezogenen Schauspielerinnen gilt. Was auch daran liegt, dass die Verbindung der beiden weit über die übliche Beziehung zwischen Stylist und Star hinausgeht.

Die meisten Stylisten haben mehrere Auftraggeber. Manche betreuen sie nur für ein Projekt, andere über Jahre – aber Roach und Zendaya arbeiten bereits seit 13 Jahren eng zusammen. Sie nennt ihn ihren »Kreativdirektor«, der sie auch bei lukrativen Werbeverträgen mit Louis Vuitton oder Bulgari berät. Beide haben den Anspruch, nicht einfach nur ein hübsches Kleid auszuwählen oder sich von einer Marke ordentlich dafür bezahlen zu lassen, sondern mit jedem Look eine Geschichte zu erzählen. »Sie ist der Boss«, sagt Roach, »aber sie respektiert und liebt mich genug, um mich auch manchmal den Boss spielen zu lassen.«

Was Roach, Instagram-Alias »luxurylaw«, von vielen anderen seines Fachs unterscheidet: Er versteht sich nicht als bloße Ankleidehilfe, sondern als »Image Architect«. Das klingt nach sprachlichem Upgrade, so wie ehemalige Sekretärinnen heute Office Managerinnen heißen und Hausmeister Facility Manager, aber er meint genau das und noch mehr: Der US-Amerikaner sucht nicht einfach irgendein Kleid, er sucht das Kleid für jedes Event, inszeniert den Look bis ins kleinste Detail, baut, wenn möglich, eine Erzählebene ein, und erschafft so nach und nach das öffentliche Bild einer Persönlichkeit mit. Architekt mag ein bisschen prätentiös klingen, aber mit Gestaltung hat sein Job wirklich einiges zu tun. Er sagt, er entkerne erst einmal, um dann das Fundament einer Person freizulegen. »Das Kleid ist nur der letzte Teil davon.«

Bei der Met-Gala war Zendaya dieses Jahr Mit-Gastgeberin. Da muss der Auftritt nicht einfach sitzen, er muss knallen. Das Motto der Ausstellung lautet »Sleeping Beauties«, der Dresscode des Abends hieß »Garden of Time«, weshalb es bei vielen Gästen erwartungsgemäß blumig zuging. Law Roach und Zendaya dagegen kombinierten beide Themen und suchten ein Vintage-Kleid (zum Wachküssen, Dornröschen-Schlaf und so), das gleichzeitig Flora- und Fauna-Elemente enthielt, aber eher auf die morbide, nicht allzu offensichtliche Tour. John Galliano fertigte für sie bei Maison Margiela eine Neuinterpretation eines Dior-Kleids aus dem Jahr 1999 an (von, genau: John Galliano). Tatsächlich das beste Kleid des Abends. Aber weil zwei Auftritte im Idealfall für doppelt so viel Aufmerksamkeit sorgen, ging Zendaya am Ende der Laufsteg-Arie noch einmal die Stufen hoch, diesmal in einem schwarzen Vintage-Kleid von Givenchy aus dem Jahr 1996, ebenfalls entworfen von John Galliano.

Law Roach stammt aus Chicago und eröffnete dort in den Nullerjahren eine Boutique namens Deliciously Vintage. Mit dem Styling begann er eher durch Zufall, zog dafür jedoch wenig später nach Los Angeles, wo Zendaya seine erste große Kundin wurde. Sein besonderes Händchen sprach sich herum, es konnte ja jeder sehen, was dieser Typ »mit so ein bisschen Mode« alles anstellen konnte. Als Céline Dion bei der Couturewoche 2017 plötzlich allen die Show stahl? Oder Anya Taylor Joy bei den Golden Globes 2021 dieses smaragdgrüne Dior-Kleid trug, das laut W Magazine ihren Starstatus »zementierte«? Alles Architektenbüro Roach. Nebenbei wurde er Jury-Mitglied bei America’s Next Top Model und gewann als erster überhaupt den »Stylist Award« des amerikanischen Fashion-Councils.

Seine wichtigste Zusammenarbeit war aber immer die mit Zendaya. Für ihren neuen Film »Challengers« legten die beiden kürzlich eine Promo-Tour hin, die in die Geschichte eingeht. Jedes Kleid war ein Ereignis und hatte eine mehr oder weniger deutliche Tennis-Referenz eingebaut. Vom grasgrünen Vintage-Louis-Vuitton-Entwurf bis zum Loewe-Tennisball-Stiletto oder Jacquemus-Kleid mit Netzdetail in der Mitte. Die Branchenseite Business of Fashion veröffentlichte kürzlich ein Diagramm, das zeigte, wie sehr Zendayas Auftritte jeweils das Gespräch über den Film anheizten. Dahinter stecken – auch das gehört zu Roachs ständigem Narrativ – harte Arbeit, höchste Kreativität, viel Vintage-Recherche und zahlreiche Nervenzusammenbrüche.

Im März vergangenen Jahres verkündete Roach auf Instagram, er werde sich »zur Ruhe setzen.« »Ihr gewinnt… Ich bin raus«, schrieb er. Seine Entscheidung habe vor allem mit dem immer noch anhaltenden Rassismus und Nepotismus in der Branche zu tun, erklärte er später in einem Interview. Es gab Gerüchte, die Diva sei beleidigt, weil er bei einer Louis-Vuitton-Show nicht neben Zendaya gesetzt worden war. Auch bekäme er für die Auftritte seiner »Werke« oft keinen »Credit«, sein Name werde also nicht so selbstverständlich wie der Name des Modelabels als Absender genannt.

Das mit dem Ruhestand sieht er wohl nicht so eng wie andere Leute: Gerade läuft in den USA eine neue Fernsehshow mit ihm und Julia Fox, demnächst erscheint sein erstes Buch, er hat angekündigt, am liebsten Emanuel Ungaro als Designer übernehmen zu wollen. Und neben Zendaya betreute er für die Met-Gala auch die indische Unternehmerin Mona Patel – die prompt auf allen Best-Dressed-Listen landete. Nicht umsonst kokettiert Roach gern mit dem Satz »I‘m the most unretired retired person«.