»In Dating-Apps schreiben manche in ihr Profil, dass sie in Therapie sind«

Immer mehr Menschen machen eine Therapie, um sich selbst besser zu verstehen – auch wenn sie nicht von einer psychischen Krankheit betroffen sind. Der Psychotherapeut und Autor Sina Haghiri erklärt anhand konkreter Übungen, wie man auch ohne den Weg in die Praxis Selbsterkenntnis erlangen kann.

Sina Haghiri ist Psychologischer Psychotherapeut, Buchautor und Dozent. Außerdem schrieb und moderierte er gemeinsam mit der Journalistin Verena Fiebiger drei Staffeln des BR-Psychologie-Podcasts »Die Lösung« und war als einer der Drehbuchautoren hinter der Serie »Fett und Fett« für den Grimme-Preis nominiert. Im März ist sein aktuelles Buch Mit Nachsicht - Wie Empathie uns selbst und vielleicht sogar die Welt verändern kann beim Kösel Verlag erschienen.

Foto: Julia Schärdel

SZ-Magazin: Sie sagen, der Wunsch nach einem neuen, veränderten Leben werde immer häufiger in die Psychotherapie getragen, ohne den Anlass einer akuten Erkrankung. Woran machen Sie das fest?
Sina Haghiri: An den Anfragen, die ich in den vergangenen Jahren vermehrt bekomme – und auch daran, was Kolleginnen und Kollegen erzählen, die noch länger im Beruf sind. Diejenigen, die kommen, weil es ihnen sehr schlecht geht, und bei denen sich dann herausstellt, dass sie etwa an Depressionen oder an einer Angststörung leiden, gibt es nach wie vor. Aber darüber hinaus melden sich auch immer mehr Menschen, deren Anliegen es ist, mehr über sich herauszufinden. Die sagen dann zum Beispiel: »Ich weiß nicht, wo es beruflich hingehen soll, und fühle mich, als würde ich feststecken«. Heute wollen viele Leute nicht nur mit einer Krankheit klarkommen, sondern mehr über sich selbst lernen.